Kündigung wegen Eigenbedarf und Anforderungen an den Härtefall, BGH Urteile v. 22.05.2019, AZ VIII ZR 167/17
Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kommt für den Mieter oft unerwartet. Die Voraussetzungen sich gegen die Kündigung zur Wehr sind schwer einzuschätzen und mit Kostenrisiko verbunden. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs kann zumindest zweitweise abgewehrt werden, wenn beim Mieter oder seinen Familienangehörigen ein Härtefall vorliegt. Darunter fallen Grunde wie hohes Alter, Krankheit, Schwangerschaft, Suizidgefahr oder extreme Wohnungsnot.
Der BGH hat die Rechte der Mieter im Falle einer Eigenbedarfskündigung gestärkt und entschieden, dass die Gerichte bei der Abwägung der beiderseitigen Interessen (Eigentümer und Mieter) ihre Entscheidung nicht auf allgemeine Fallgruppen, wie Krankheit oder Alter stützen können, sondern eine genaue Abwägung im konkreten Einzelfall treffen sollen. Bei fehlender Sachkunde sind die Gerichte daher gehalten, auch von Amts wegen Sachverständigengutachten zum Gesundheitszustand des Mieters einzuholen, wenn der Mieter den Härtefall auf der Grundlage einer Erkrankung und einer drohender Verschlechterung seines Gesundheitszustandes begründet.
In konkreten Fällen ging es um die Eigenbedarfskündigung einer 80jährigen Frau, die bereits seit 50 Jahren die Wohnung in Berlin bewohnte und an Demenz erkrankt war. Im anderen Fall ging es um die Kündigung einer Doppelhaushälfte wegen Eigenbedarfs. Die Mieter beriefen sich u.a. darauf, dass sie den Bruder, der an zahlreichen Erkrankungen leidet in häuslicher Pflege hatten und ein Umzug daher unzumutbar währe.
In beiden Fällen wurde von den Gerichten kein Gutachten eingeholt und der Sachverhalt unzurechned ermittelt. Der BGH kritisierte, dass die Interessensabwägung nach § 574 BGB ohne gebotene Sorgfalt vorgenommen wurde und verwies beide Verfahren zurück zur weiteren Aufklärung des Sachverhaltes.