Wer haftet, wenn die Abwasserkanäle durch Wurzeln beschädigt sind?

Wer ein Haus baut, muss es eigentlich mit einer “Rückstausicherung” gegen Überschwemmungen aus der Kanalisation sichern. Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden (24.08.2017, Az. III ZR 574/16), dass Eigentümer von baumbestandenen Grundstücken nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden haften, die durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle entstehen. Dass ein geschädigter Nachbar keine Rückstauversicherung hat, kann die Haftungssumme zwar mindern, schließt aber nicht unbedingt jede Haftung aus.

Darum ging es:

Der Keller einer Hauseigentümerin im niedersächsischen Königslutter am Elm war nach starkem Regen überflutet worden. Die Wurzeln einer Kastanie waren schuld daran, sie sind in die Kanalisation eingedrungen, so dass diese die Regenmassen nicht mehr bewältigen konnte. Die Kastanie stand auf einem angrenzenden Wendeplatz, der der Gemeinde gehörte. Das Wasser richtete einen Schaden von mehr als 30.000 Euro an.

Darüber hinaus hatte die Klägerin ihr Haus nicht gegen einen Rückstau gesichert. Sie steht deshalb für einen Teil der Schäden selbst ein. Von der Gemeinde will die Hauseigentümerin nun Ersatz für zwei Drittel ihrer Schäden, also rund 20.000 Euro. Das Landgericht gab der Klägerin zum Teil Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von rd. 15.000 € nebst Zinsen. Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage gänzlich ab. Die Klägerin legte Revision ein.

Die Entscheidung:

Der BGH entschieden, dass die fehlende Rückstausicherung kein Grund für Haftungsausschluss der Gemeinde sei. Zu berücksichtigen sei auch die räumliche Nähe des Baums und seiner Wurzeln zu dem Abwassersystem sowie Art bzw. Gattung, Alter und Wurzelsystem des Baums. Welcher Art die Kontrollpflichten der Grundstückseigentümer sind, hängt von der Zumutbarkeit für ihn im Einzelfall ab. Die Obliegenheit von Eigentümern, selbst für eine Sicherung gegen Rückstauschäden zu sorgen, gelte nur im Verhältnis zum Kanalbetreiber. Die beklagte Gemeinde haftet jedoch in diesem Fall als Eigentümerin des Baumgrundstücks. Es kommt daher nur eine Kürzung des etwaigen Schadensersatzanspruchs wegen Mitverschuldens der Hauseigentümerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB in Betracht.

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