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Welche Wirkungen hat eine hilfsweise erklärte fristgemäße Kündigung, wenn der Vermieter bei einem Zahlungsrückstand fristlos kündigt? Das Landgericht Berlin hat dazu entschieden (Urteil v. 13.10.2017 – 66 S 90/17): Wenn die Mieter in solchen Fällen den offenen Betrag rechtzeitig nachträglich begleichen, ist diese vorsorglich erfolgte fristgemäße Kündigung unwirksam, da mit dem Zugang der fristlosen Kündigung der Mietvertrag sofort beendet wird.
Darum ging es
Die Kläger, die Vermieter und der Beklagte, der Hauptmieter hatten im Juli 2004 einen Mietvertrag über eine ca. 28 qm große Ein-Zimmer-Wohnung in Berlin-Wilhelmsruh abgeschlossen. Aufgrund des Mietrückstands mit einem Betrag von insgesamt 500,30 € für Juni und Juli 2016 kündigten die Vermieter mit dem Schreiben vom 11.07.2016 den Mietvertrag fristlos mit sofortiger Wirkung und hilfsweise mit ordentlicher Frist zum 31.10.2016. Der Mieter zahlte daraufhin, am 19.07.2016 den offenen Restbetrag. Nach den gesetzlichen Mietvorschriften wurde dadurch die Kündigung unwirksam.
Auf die im November 2016 erhobene Räumungsklage gab das Amtsgericht Pankow/Weißensee den Vermietern Recht, das Ende des Mietvertrages und die Räumung bestimmte es auf 30.04.2017.
Entscheidung
Die Berufung des Mieters beim Landgericht Berlin hatte Erfolg. Das Gericht argumentierte, dass zum Zeitpunkt, als die fristlose Kündigung der Vermieter zugegangen sei, der Mietvertrag unmittelbar beendet worden sei. Die vorsorglich erklärte fristgemäße Kündigung greife ins Leere. Die Wirkungen der fristlosen Kündigung seien zwar später durch die Nachzahlung des offenen Betrages entfallen, die fristlose Kündigungserklärung bleibe aber bestehen. Damit bleibe die hilfsweise erklärte fristgemäße Kündigung unwirksam und könne nicht wieder „aufleben“.
Grundsätzlich gilt es, dass die Mieter bei Nachbarn mit Kleinkindern mehr Lärm hinnehmen müssen als sonst. Denn gerade kleine Kinder haben einen höheren Bewegungsdrang und produzieren mehr Lärm, vor allem Babys, die zuweilen auch mehrmals in der Nacht schreien. Das bedeutet aber nicht, dass Nachbarn keine Rechte haben und der Lärmbelästigung keine Grenzen gesetzt werden können. Der BGH hat entschieden (22.08.2017 – VIII ZR 226/16), dass auch bei Kinderlärm die Zumutbarkeit für Wohnungsnachbarn begrenzt ist und ein Recht auf Mietminderung bestehen kann.
Darum ging es:
Eine Mieterin lebt in einer 3,5-Zimmerwohnung eines Mehrfamilienhauses in Berlin. In die über ihr befindliche Mietwohnung zog eine Familie mit zwei kleinen Kindern. Die Mieterin beschwerte sich bei ihrem Vermieter wegen übermäßigen Störungen durch Lärm, die teilweise auch von den Eltern ausgehen würden. Schließlich machte sie gegenüber ihrem Vermieter eine Mietminderung i.H.v. 50 % der unter Vorbehalt gezahlten Miete geltend. Die Mieterin legte hierzu mehrere Lärmprotokolle vor.
Nachdem das Amtsgericht die Klage der Mieterin abgewiesen hatte, legte sie Berufung ein. Das Landgericht Berlin wies diese jedoch zurück. Nach Auffassung des Gerichts hatte die Mieterin nicht hinreichend vorgetragen, dass der Lärm als erheblicher Mangel i.S.v. § 536 BGB anzusehen ist. Argumentiert hat das Gericht damit, dass in den öffentlich geförderten Wohnungen, wie im betroffenen Haus, auch viele kinderreiche Familien wohnhaft sind und man als Mieter auf erhöhten Geräuschpegel einstellen müsse.
Die Entscheidung:
Der BGH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf. Kinderlärm aus einer benachbarten Wohnung muss nicht in jeglicher Form hingenommen werden. Dies gilt insbesondere auch für die ständigen lauten Streitigkeiten zwischen Eltern und Kindern in Form von ständigem Schreien und Brüllen. Darüber hinaus führte der BGH aus, dass bei wiederkehrenden Lärmbelästigungen kein detailliertes Lärmprotokoll vorgelegt werden muss. Hier reicht es aus, wenn die Art des Lärms näher beschrieben wird.
Wer ein Haus baut, muss es eigentlich mit einer „Rückstausicherung“ gegen Überschwemmungen aus der Kanalisation sichern. Nun hat der Bundesgerichtshof entschieden (24.08.2017, Az. III ZR 574/16), dass Eigentümer von baumbestandenen Grundstücken nur unter besonderen Umständen für Rückstauschäden haften, die durch Wurzeleinwuchs in Abwasserkanäle entstehen. Dass ein geschädigter Nachbar keine Rückstauversicherung hat, kann die Haftungssumme zwar mindern, schließt aber nicht unbedingt jede Haftung aus.
Darum ging es:
Der Keller einer Hauseigentümerin im niedersächsischen Königslutter am Elm war nach starkem Regen überflutet worden. Die Wurzeln einer Kastanie waren schuld daran, sie sind in die Kanalisation eingedrungen, so dass diese die Regenmassen nicht mehr bewältigen konnte. Die Kastanie stand auf einem angrenzenden Wendeplatz, der der Gemeinde gehörte. Das Wasser richtete einen Schaden von mehr als 30.000 Euro an.
Darüber hinaus hatte die Klägerin ihr Haus nicht gegen einen Rückstau gesichert. Sie steht deshalb für einen Teil der Schäden selbst ein. Von der Gemeinde will die Hauseigentümerin nun Ersatz für zwei Drittel ihrer Schäden, also rund 20.000 Euro. Das Landgericht gab der Klägerin zum Teil Recht und verurteilte die Beklagte zur Zahlung von rd. 15.000 € nebst Zinsen. Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht die Klage gänzlich ab. Die Klägerin legte Revision ein.
Die Entscheidung:
Der BGH entschieden, dass die fehlende Rückstausicherung kein Grund für Haftungsausschluss der Gemeinde sei. Zu berücksichtigen sei auch die räumliche Nähe des Baums und seiner Wurzeln zu dem Abwassersystem sowie Art bzw. Gattung, Alter und Wurzelsystem des Baums. Welcher Art die Kontrollpflichten der Grundstückseigentümer sind, hängt von der Zumutbarkeit für ihn im Einzelfall ab. Die Obliegenheit von Eigentümern, selbst für eine Sicherung gegen Rückstauschäden zu sorgen, gelte nur im Verhältnis zum Kanalbetreiber. Die beklagte Gemeinde haftet jedoch in diesem Fall als Eigentümerin des Baumgrundstücks. Es kommt daher nur eine Kürzung des etwaigen Schadensersatzanspruchs wegen Mitverschuldens der Hauseigentümerin gemäß § 254 Abs. 1 BGB in Betracht.
Wenn der Vermieter eine Mietwohnung künftig zu beruflichen oder geschäftlichen Zwecken nutzen will, kann dies nicht dem Eigenbedarf zu Wohnzwecken gleichgestellt werden. Es muss vielmehr im Einzelfall geprüft werden, ob das Nutzungsinteresse des Vermieters das Interesse des Mieters am Verbleib in der Wohnung übersteigt. Das hat der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 29.03.2017 (AZ. VIII ZR 45/16) entschieden.
Darum ging es:
Die Vermieterin kündigte das Mietverhältnis, da ihr Ehemann zur Erweiterung seines Beratungsunternehmens die angemieteten Räumlichkeiten benötige. Die Räumlichkeiten wollte er zur Aktenaufbewahrung und zur Schaffung eines weiteren Arbeitsplatzes zur Akteneinsicht nutzen. Der Mieter widersprach der Kündigung, da der Verlust der Wohnung für ihn eine nicht zu rechtfertigende Härte darstelle. Zudem stelle die Änderung des Wohnraums eine Zweckentfremdung dar. Die Räumungsklage der Vermieterin blieb bei den Vorinstanzen ohne Erfolg.
Die Entscheidung:
Auch der Bundesgerichtshof wies die Klage ab. Es solle ein berechtigtes Interesse der Vermieterin an der Beendigung des Mietverhältnisses geben. Aufgrund der beabsichtigten Nutzung hätte die Vermieterin andernfalls entstehende Nachteile von einigem Gewicht darlegen müssen. Es ist aber nicht ersichtlich, dass der Ehemann der Klägerin wirtschaftliche oder organisatorische Nachteile von einigem Gewicht erleidet, wenn er die Akten in anderen Räumen aufbewahrt. Der Bundesgerichtshof hat damit Eigenbedarfskündigungen aus beruflichen Gründen deutlich eingeschränkt.
Bei Mieterhöhung brauchen Mieter nicht hinzunehmen, wenn Vermieter Mieterhöhung vornehmen, indem sie von einer größeren Wohnfläche der Mietwohnung ausgehen. Allerdings genügt ein einfaches Bestreiten der vom Vermieter vorgetragenen Wohnfläche, ohne dabei eigene konkrete Angaben anzuführen, im Gerichtsverfahren nicht. So hat der Bundesgerichtshof entschieden (31.05.2017 – VIII ZR 181/16).
Darum ging es:
Die Vermieterin hat ihrer Mieterin ein Mieterhöhungsschreiben zukommen lassen. Dabei ist sie von einer Wohnfläche ausgegangen, die seit Jahren auch den Nebenkostenabrechnungen zugrunde gelegt wurde. Der Mietvertrag enthielt keine Angabe über die Größe dieser Mietwohnung. Die Mieterin bezweifelte die angegebene Wohnfläche und akzeptierte die Mieterhöhung nicht. Die Vermieterin verklagte im Gegenzug die Mieterin auf Erteilung der Zustimmung zur Mieterhöhung.
Die Entscheidung:
Die Instanzgerichte haben die Zustimmungsklage abgewiesen, weil die angegebene Wohnungsgröße von der Vermieterin nicht bewiesen wurde. Auf die Revision der Vermieterin hat der Bundesgerichtshof diese Entscheidung aufgehoben. Zwar muss der Vermieter normalerweise hinreichend darlegen, dass die im Rahmen der Mieterhöhung gemachte Angabe der Wohnfläche gem. § 558 BGB richtig ist. Zu beachten ist jedoch, dass der Vermieter seiner Darlegungslast nachkommt, sobald er eine bestimmte Wohnfläche behauptet. Wenn der Mieter der Ansicht ist, dass diese Angabe nicht stimmt, muss er konkreter werden. Es genügt nicht, dass er diese Angabe einfach anzweifelt. Um die vom Vermieter vorgetragene Wohnungsgröße wirksam zu bestreiten, hat der Mieter im Rahmen seiner Möglichkeit liegende Vermessung vorzunehmen und das Ergebnis entgegenzuhalten.
Wann besteht nach § 573 BGB ein „berechtigtes Interesse“ des Vermieters an einer Kündigung eines Wohnraummietverhältnisses? Nur wenn der Fortbestand des Mietverhältnisses für den Vermieter einen Nachteil „von einigem Gewicht“ darstellt. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) (v. 10.05.2017, Az. VIII ZR 292/15) entschieden.
Darum ging es:
Die Beklagten sind seit dem Jahr 1996 Mieter einer Wohnung in einem sanierungsbedürftigen Mehrfamilienhaus. Der Kläger ist zugleich an einer Gesellschaft (GmbH) beteiligt, die Trägerin vielfältiger Einrichtungen mit medizinischer, sozialer, pädagogischer und rehabilitativer Betreuung ist. Diese beabsichtigt, die Gebäude unter Nutzung von Fördermitteln und ohne finanzielle Belastung für den Kläger im Rahmen eines „Arbeits- und Lebensprojekts“ zu sanieren und umzubauen. Der Kläger möchte das Grundstück zur Verwirklichung dieses Projekts an die Gesellschaft vermieten.
Mit Schreiben vom 1. August 2013 kündigte der Kläger das Mietverhältnis mit den Beklagten und begründete dies damit, dass andernfalls das geplante Arbeits- und Lebensprojekt nicht realisiert werden könne. Die Beklagten widersprachen der Kündigung und machten geltend, ein Kündigungsgrund liege nicht vor.
Die Entscheidung:
Der Bundesgerichtshof entschied nun, die Kündigung ist unwirksam, weil weder der vom Kläger geltend gemachte Kündigungstatbestand der Verwertungskündigung vorliegt noch ein berechtigtes Interesse gegeben ist.
Das Nutzungsinteresse des Vermieters bei der Umsetzung des sozialen Projektes bleibt deutlich hinter dem Interesse beim Eigenbedarf zurück. Zudem verfolgt der Vermieter eigene wirtschaftliche Interessen und ist als Gesellschafter an einem möglichen Gewinn beteiligt. Das Interesse des Vermieters ist vielmehr näher an einer Verwertungskündigung als am Eigenbedarf. Um eine Kündigung rechtfertigen zu können, müsste er daher einen Nachteil von einigem Gewicht darlegen können. Dies kann der Vermieter indes nicht, zumal das Projekt nicht gefährdet ist, wenn das Mietverhältnis fortgesetzt wird. Eine Folge ist lediglich, dass drei der geplanten 23 Wohnplätze der sozialen Einrichtung nicht geschaffen werden können.
Kommt ein Mieter in Zahlungsverzug, so kann der Vermieter ihm fristlos, hilfsweise ordentlich, kündigen. Eine Nachzahlung des geschuldeten Betrags heilt in diesem Fall jedoch nur die fristlose Kündigung – die ordentliche Kündigung bleibt weiterhin bestehen. Das hat der BGH im Beschluss vom 20.07.2016, VIII ZR 238/15 erneut bestätigt.
Darum ging es:
Ab Mai 2014 geriet der Mieter mit den Mietzahlungen in Rückstand. Von Mai bis Juli 2014 zahlte er die Mieten nur teilweise, für August bis Oktober 2014 zahlte er gar keine Miete.
Mitte Oktober 2014 kündigte die Vermieterin die Mietverhältnisse für beide Wohnungen wegen des Zahlungsrückstands fristlos, hilfsweise ordentlich und reichte Räumungsklage ein.
Wenige Tage nach der Zustellung der Räumungsklage zahlte der Mieter die kompletten Mietrückstände. Die Mietschulden seien aufgelaufen, weil er durch eine angeblich weit überhöhte Steuerschätzung und ungerechtfertigte Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzbehörden unverschuldet in eine schwierige Liquiditätssituation geraten sei.
Die Entscheidung:
Mit seinem Beschluss gibt der BGJ dem Vermieter Recht: Demnach heilt die Nachzahlung des fälligen Gesamtbetrags an Mietrückständen innerhalb der Schonfrist zwar die außerordentliche Kündigung. Eine ordentliche Kündigung bleibt unberührt und besteht weiter.
Wenn aber der Mieter beweisen kann, dass seine Zahlungsunfähigkeit unverschuldet ist, kann er auch eine ordentliche Kündigung abwenden. Im vorliegenden Fall ist das dem Beklagten jedoch nicht gelungen. Der Beklagte hätte weitere Details zu seinem Liquiditätsengpass aufzeigen müssen. Für fehlendes Verschulden bleibt also der Mieter darlegungs- und beweispflichtig.
Vermieter dürfen nur ausnahmsweise nach Ablauf eines Jahres noch Nebenkosten nachfordern. Sie müssen dafür beweisen können, dass sie die verspätete Abrechnung nicht zu vertreten haben, so das Urteil des Bundesgerichtshofs (vom 21.01.2017, Az. VIII ZR 249/15).
Darum ging es:
Die Beklagte war Mieterin einer in einer Wohnungseigentumsanlage gelegenen Wohnung des Klägers, für die sie neben der Nettomiete monatliche Betriebskostenvorauszahlungen zu entrichten hatte. Der Vermieter der Eigentumswohnung hatte erst Ende 2013 die Nebenkosten für die Jahre 2010 und 2011 abgerechnet. Grund für die Verzögerung war, dass die Hausverwaltung zuvor keine ordnungsgemäßen Abrechnungen erstellt hatte. Die Wohnungseigentümer beauftragten daraufhin zwar einen neuen Verwalter – allerdings erst Mitte 2013. Mit seiner Klage hat der Kläger für die jeweiligen Abrechnungszeiträume Nachforderungen geltend gemacht.
Die Entscheidung:
Ein Vermieter einer Eigentumswohnung, wenn die Hausverwaltung die WEG-Abrechnung verspätet erstellt hat, nach Ablauf der Jahresfrist nur dann noch eine Nachforderung geltend machen, wenn er die verspätete Abrechnung über die Vorauszahlungen nicht zu vertreten hat, was er konkret darzulegen hat. Es fehlt jedoch im vorliegendem Fall jeder Vortrag dazu, was der Kläger selbst veranlasst hat, nachdem für ihn im Laufe des Jahres 2010 erkennbar wurde, dass die bisherige Hausverwaltung die Wohngeldabrechnung nicht rechtzeitig vorlegen würde oder die schließlich erstellte Abrechnung so fehlerhaft war, dass sie sich nicht als Grundlage für die Betriebskostenabrechnung eignete.